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Goethe: Kunstwerk des Lebens

von Rüdiger Safranski

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  • Er habe bei ihm mehr gelernt als in all den Jahren an der Universität.

  • Durch Lehren lernen, das war auch diesmal sein Prinzip; nun fühlte er sich Spinoza sehr nahe obgleich sein Geist viel tiefer und reiner ist als der meinige.

  • »Er ist also jetzt Wirklicher Geheimer Rat, Kammerpräsident, Präsident des Kriegscollegii, Aufseher des Bauwesens bis zum Wegbau hinunter, dabei auch Directeur des plaisirs, Hofpoet, Verfasser von schönen Festivitäten, Hofopern, Balletts, Redoutenaufzügen, Inskriptionen, Kunstwerken usw., Direktor der Zeichenakademie, in der er den Winter über Vorlesungen über die Osteologie gehalten; selbst überall der erste Akteur, Tänzer, kurz, das Faktotum des Weimarschen und, so Gott will, bald der Major domus sämtlicher Ernestinischer Häuser, bei denen er zur Anbetung umherzieht. Er ist baronisiert, und an seinem Geburtstage ... wird die Standeserhebung erklärt werden. Er ist aus seinem Garten in die Stadt gezogen und macht ein adlig Haus, hält Lesegesellschaften, die sich bald in Assembleen verwandeln werden usw. usw. Bei alledem geht’s in Geschäften, wie es gehen will und mag. Meine Gegenwart ist hier beinah unnütz und wird mir von Tag zu Tag lästiger. Was anderswohin weiß, sehnt sich weg ...«

  • Nein, der Dichter muß ganz sich, ganz in seinem geliebten Gegenstande leben. Er der vom Himmel inwärts auf das köstlichste begabet ist, der einen unzerstörlichen Reichtum von der Natur erhalten hat, er muß auch inwärts ungestört mit seinen Schätzen in der Glückseligkeit leben.

  • Schiller kam aus dem Staunen nicht heraus, da es bei ihm selbst doch so ganz anders zuging: er mußte ein Werk präzise durchgeplant haben, ehe er sich daransetzte. Er konnte sich nicht, wie Goethe, einfach der poetischen Stimmung überlassen. Schiller mußte die Poesie kommandieren, Goethe ließ sich von ihr verführen.

  • »Während wir andern mühselig sammeln und prüfen müssen, um etwas Leidliches langsam hervorzubringen, darf er nur leis an dem Baume schütteln, um sich die schönsten Früchte reif und schwer zufallen zu lassen. Es ist unglaublich, mit welcher Leichtigkeit er jetzt die Früchte eines wohlangewandten Lebens und einer anhaltenden Bildung an sich selber einerntet«.