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Wege zu sich selbst

von Marc Aurel

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  • auf die Zukunft nahm er von ferne schon Bedacht und machte ohne viel Aufhebens sich auf die geringsten Vorfälle gefaßt.

  • Die Güter, welche zur Erheiterung des Lebens etwas beitragen und die ihm das Glück in Fülle darbot, benutzte er ebenso fern von Übermut als von Ausflüchten und genoß daher das Vorhandene ebenso ungesucht, als er das Fehlende nicht vermißte.

  • Niemand konnte von ihm sagen, er sei ein Sophist oder ein Schwätzer nach der Art und Weise der Haussklaven oder ein Schulpedant;

  • Dabei war er umgänglich und liebte den Scherz, jedoch ohne Übertreibung. So pflegte er auch seines Leibes mit Maßen, nicht wie ein Mensch von zu großer Lebenslust, um ihn herauszuputzen, aber ebensowenig vernachlässigte er denselben, weshalb er bei der ihm eigentümlichen Aufmerksamkeit der Heilkunst mit ihren inneren und äußeren Mitteln sehr selten bedurfte.

  • Insbesondere aber ist an ihm das zu rühmen, daß er Männern, welche in etwas eine vorzügliche Stärke besaßen, wie in der Beredsamkeit, der aus Forschung stammenden Gesetzeskunde, der Sittenlehre oder in anderen Fächern, ohne Neid den Vorrang einräumte und ihnen sogar dazu behilflich war, daß jeder nach dem Maße seiner besonderen Geschicklichkeit Anerkennung finde.

  • kehrte auch nach den heftigsten Anfällen von Kopfschmerzen mit verjüngter Jugendkraft alsobald wieder zu seinen gewohnten Arbeiten zurück.

  • Nichts Unfreundliches, noch auch Ungeziemendes, Ungestümes, noch etwas derart war an ihm zu entdecken, wovon man nach dem Sprichwort hätte sagen können: »Es war vom Übermaß«, sondern alles wohl und gleichsam bei guter Muße überlegt, unerschütterlich geordnet, fest und mit sich selbst übereinstimmend.

  • Dort aber mutig zu ertragen, hier nüchtern zu bleiben, verrät einen Mann von vollendeter und unbesiegbarer Geistesstärke, und in diesem Lichte zeigte er sich während der Krankheit des Maximus.

  • Den Göttern verdanke ich es auch, daß mir ein Bruder beschieden ward, der durch sein sittliches Benehmen mich zur Sorgfalt für mein Inneres aufmunterte und zugleich durch seine Achtung und Zuneigung mich erfreute;

  • daß ich endlich bei meiner Neigung zur Philosophie keinem Sophisten in die Hände fiel, auch nicht mit Lesen von Schriften, Auflösung von Trugschlüssen, Untersuchungen über die Gestirnwelt ein müßiges Leben führte.

  • Gleich in der ersten Morgenstunde sage zu dir: Heute werde ich mit einem vorwitzigen, undankbaren, übermütigen, ränkevollen, verleumderischen, ungeselligen Menschen zusammentreffen.

  • Auch weiß ich, daß weder er, noch sonst ein Mensch mich beschädigen kann; denn niemand vermag es, mich in etwas Schändliches zu verwickeln;

  • Erhebe dich vielmehr über dieses bißchen Fleisch als einer, der vielleicht bald sterben muß. Es ist ja doch nur Blutjauche und Knochen, ein Gewebe aus Nerven, Blut- und Pulsadern geflochten.

  • Jederzeit sei ernstlich darauf bedacht, als Römer und als Mann die dir obliegenden Geschäfte mit gewissenhaftem und ungekünsteltem Ernste, mit warmer Menschenliebe, Freimut und Gerechtigkeit zu vollziehen und alle anderen Einbildungen von dir fern zu halten.

  • Und dahin wirst du es bringen, wenn du jede Handlung als die letzte deines Lebens verrichtest, frei von aller Unbesonnenheit und leidenschaftlichen Abneigung gegen die Vorschriften der Vernunft, frei von Heuchelei, Eigenliebe und Unzufriedenheit mit dem dir beschiedenen Lose.

  • Eilt ja das Leben für jeden dahin; auch das deinige ist beinahe schon zu Ende gebracht, wenn du vor dir selbst keine Achtung hast, sondern deine Glückseligkeit bei den Seelen anderer suchst.

  • Zerstreuen dich etwa die Außendinge? Gönne dir vielmehr Muße, deine Kenntnisse auf nützliche Weise zu erweitern, und gib das Umherschweifen auf.

  • Nimm dich indes auch vor der anderen Verirrung in acht. Es gibt nämlich auch Toren, die sich mit vieler Geschäftigkeit ihr ganzes Leben hindurch abmühen, dabei aber kein Ziel vor Augen haben, worauf all ihr Dichten und Trachten ganz und gar gerichtet wäre.

  • daß die Übertretungen aus Gier schwerer seien, als die aus Zorn; denn der Zürnende scheine doch noch mit einer gewissen Mißstimmung und einer geheimen Beklommenheit sich von der Vernunft abzuwenden; wer aber aus Begehrlichkeit sündige und von der Lust sich überwältigen lasse, der erscheine zügelloser und weibischer in seinen Sünden.

  • Daher hat er den richtigen und eines Philosophen würdigen Ausspruch getan: der mit Lust begangene Fehltritt sei strafbarer, als der mit Mißstimmung verbundene.

  • All dein Tun und Denken sei so beschaffen, als ob du möglicherweise im Augenblick aus diesem Leben scheiden solltest.

  • Was sind doch alle Gegenstände der Sinnenwelt und zumal diejenigen, welche durch Lust anlocken oder durch Unlust zurückschrecken oder durch eitle Einbildung laut angepriesen werden; wie geringfügig und verächtlich, wie befleckt, hinfällig und tot!

  • Ist ja doch der gegenwärtige Zeitpunkt bei allen derselbe, und der verloren gehende sollte nicht gleich sein? Wirklich erscheint auch der, den man verliert, nur so wie ein Augenblick; denn weder den vergangenen, noch den künftigen kann eigentlich jemand verlieren; denn wie sollte man ihm das, was er nicht hat, entreißen können?

  • Folgende zwei Wahrheiten muß man sich also merken: einmal, daß von Ewigkeit her alles gleich sei und sich im Kreise bewege und daß es keinen Unterschied mache, ob einer dieselben Dinge hundert oder zweihundert Jahre oder eine grenzenlose Zeit hindurch beobachte; zum anderen, daß der Längstlebende und der sehr bald Dahinsterbende gleichviel verlieren; denn nur der gegenwärtige Augenblick ist es, dessen jeder verlustig gehen kann, da er ja diesen doch allein besitzt; was einer aber nicht besitzt, das kann er auch nicht verlieren.

  • Diese aber besteht darin, den Genius in seinem Innern unentweiht und unverletzt zu bewahren, erhaben über Lust und Unlust, sodaß er nichts ohne Zweck, noch mit Trug und Verstellung tue, mit seinen Bedürfnissen von fremdem Tun und Lassen unabhängig sei, überdies alle Begegnisse und das ihm zugeteilte Los als von daher kommend aufnehme, woher er selbst gekommen ist, zu allem dem aber mit gelassenem Sinne den Tod erwarte, der ja nichts anderes ist, als eine Auflösung in die Urstoffe, woraus jedes lebende Wesen zusammengesetzt ist.

  • Wir müssen uns also beeilen, nicht nur weil wir dem Tode mit jedem Augenblicke näher kommen, sondern auch deswegen, weil das Vermögen, die Dinge zu verstehen und zu verfolgen, oft schon früher aufhört.

  • Ebenso verdient der Umstand unsere Beachtung, daß auch Erscheinungen, welche sich Naturerzeugnissen zufällig beigesellen, für uns etwas Reizendes und Anziehendes haben. So fallen uns die Risse und Spalten, welche sich hin und wieder am gebackenen Brot zeigen, obgleich sie der Absicht des Bäckers einigermaßen zuwider sind, doch in einem gewissen Grade angenehm auf und erregen in eigentümlicher Weise die Eßlust.

  • Wahrlich ein solcher Mann, der es keinen Augenblick aufschiebt, sich der Zahl der Besten anzureihen, erscheint als ein Priester und Gehilfe der Götter und zieht Gewinn von dem Genius, dem sein Inneres zur Wohnung angewiesen ward. Dieser macht aus dem Menschen ein Wesen, unbefleckt von Lüsten, durch keine Unlust verletzbar, durch keine Kränkung gebeugt, gegen jegliche Bosheit unempfindlich, einen Kämpfer im größten Kampfe, von keiner Leidenschaft gefällt zu werden–, tief durchdrungen vom Geiste der Gerechtigkeit und von ganzer Seele zufrieden mit dem, was ihm begegnet und beschert wird.

  • Wahrlich ein solcher Mann, der es keinen Augenblick aufschiebt, sich der Zahl der Besten anzureihen, erscheint als ein Priester und Gehilfe der Götter und zieht Gewinn von dem Genius, dem sein Inneres zur Wohnung angewiesen ward. Dieser macht aus dem Menschen ein Wesen, unbefleckt von Lüsten, durch keine Unlust verletzbar, durch keine Kränkung gebeugt, gegen jegliche Bosheit unempfindlich, einen Kämpfer im größten Kampfe, von keiner Leidenschaft gefällt zu werden –, tief durchdrungen vom Geiste der Gerechtigkeit und von ganzer Seele zufrieden mit dem, was ihm begegnet und beschert wird.

  • Auf das Lob solcher Menschen denn, welche nicht einmal sich selbst genügen, legt er nicht den geringsten Wert.

  • Alles Übrige denn beiseite gelegt, halte nur an dem Wenigen fest und bedenke überdies, daß jeder bloß die gegenwärtige Zeit– einen Augenblick– lebe, die übrigen Zeitabschnitte dagegen für ihn entweder schon durchlebt seien oder noch im Dunkeln liegen.

  • Alles Übrige denn beiseite gelegt, halte nur an dem Wenigen fest und bedenke überdies, daß jeder bloß die gegenwärtige Zeit – einen Augenblick – lebe, die übrigen Zeitabschnitte dagegen für ihn entweder schon durchlebt seien oder noch im Dunkeln liegen.

  • Unbedeutend ist also, was jeder lebt, unbedeutend der Erdwinkel, wo er lebt, unbedeutend auch der ausgedehnteste Nachruhm.

  • Wenn du, der gesunden Vernunft folgsam, dasjenige, was dir im Augenblicke zu tun obliegt, mit Eifer, Kraft, Wohlwollen betreibst und, ohne auf eine Nebensache zu sehen, den Genius in dir rein zu erhalten suchst, als ob du ihn sogleich zurückgeben müßtest: wenn du so mit demselben verbunden bleibst und, ohne etwas zu erwarten oder zu fürchten, dir an der jedesmaligen naturgemäßen Tätigkeit und heldenmütigen Wahrheitsliebe in deinen Reden und Äußerungen genügen lässest, so wirst du ein glückliches Leben führen, und es wird sich niemand finden, der dich daran hindern könnte.

  • Wenn der in uns herrschende Geist sich in einem naturgemäßen Zustande befindet, so nimmt er den Ereignissen gegenüber eine solche Stellung ein, daß er sich jederzeit in das Mögliche und Gegebene mit Leichtigkeit zu finden weiß.

  • Denn er hat ja alsdann keine Vorliebe zu einem für ihn besonders auserlesenen Stoffe der Tätigkeit, sondern die wünschenswerten Dinge sind nur mit Einschränkung Gegenstände seines Strebens; was ihm aber an deren Statt in den Weg tritt, das macht er sich selbst zu einem Mittel der Übung, der Flamme gleich, wenn diese einen in sie fallenden Stoff überwältigt, wovon ein schwächeres Licht erlöschen würde; aber ein flammendes Feuer pflegt das, was ihm zugeführt wird, sich gar schnell anzueignen und zu verzehren und lodert gerade davon nur um so höher empor.

  • Man sucht Zurückgezogenheit auf dem Lande, am Meeresufer, auf dem Gebirge; und auch du hast die Gewohnheit, nach einem Aufenthaltsorte dieser Art dich lebhaft zu sehnen. Aber dieses alles verrät im Grunde eine sehr beschränkte Ansicht. Steht es dir ja frei, zu jeder dir beliebigen Stunde dich auf dich selbst zurückzuziehen. Gibt es ja doch für den Menschen keine geräuschlosere und ungestörtere Zufluchtsstätte als seine eigene Seele, zumal wenn er in sich Eigenschaften trägt, bei deren Betrachtung für ihn alsobald eine vollkommen glückliche Stimmung eintritt, eine Stimmung, worunter ich nichts anderes verstehe, als sittliche Wohlordnung.

  • Gönne dir nun immerdar dieses Zurücktreten ins Innere und verjünge so dich selbst! Kurz aber und einfach seien die Grundsätze, deren bloße Vergegenwärtigung sogleich genügen wird, deine Seele vollständig zu reinigen, allen Unmut aus dir zu entfernen und dich fern von Widerwillen in die Verhältnisse zurückzubegleiten, in welche du wiedereintreten mußt.

  • Da beachte es doch, wie schnell alles ins Grab der Vergessenheit sinkt, wie in dieser Zeit ohne Anfang und Ende alles durch einander gärt, wie nichtig das Lobgetöne ist, wie wandelbar und urteilslos die über uns geformte gute Meinung und wie eng der Raum, von welchem sie begrenzt wird! Ist ja die ganze Erde nur ein Punkt im All, und welch kleiner Winkel auf ihr ist eine Wohnung! Und hier, wieviel sind derer, die dich preisen werden, und von welcher Beschaffenheit sind sie? Denke also doch endlich an den Rückzug in jenes Teilchen deiner selbst, und vor allem zerstreue und überreize dich nicht, sondern bleibe frei und sieh dir die Dinge an als Mann, als Mensch, als Bürger, als sterbliches Wesen!

  • Unter den Wahrheiten aber, welche dir am meisten zur Hand sein müssen, richte vorzüglich auf folgende zwei dein Augenmerk: einmal, daß die Gegenstände der Sinnenwelt deine Seele nicht berühren, sondern Außendinge sind und unbeweglich bleiben, mithin Störungen deines Seelenfriedens nur aus deiner Einbildung entstehen, und dann, daß alles, was du siehst, gar schnell sich verändert und nicht mehr sein wird. Und von wievielen Veränderungen bist du selbst schon Augenzeuge gewesen! Erwäge doch ohne Unterlaß: Die Welt beruht auf Wechsel, das Leben auf Meinung.

  • Fahre nun fort zu beobachten, wie du begonnen hast, und was du nur tust, das tue mit dem Bestreben, gut zu sein, gut in der eigentlichen Bedeutung des Worts! Das halte fest bei deiner gesamten Tätigkeit!

  • Nimm die Dinge nicht so, wie sie dein Beleidiger beurteilt oder von dir beurteilt haben will; sieh dieselben vielmehr so an, wie sie in Wahrheit sind!

  • Zu zweierlei mußt du stets bereit sein, einmal, nur so zu handeln, wie die königliche Gesetzgeberin Vernunft um des Menschenwohles willen dir es nahe legt, und dann, deine Meinung zu ändern, sobald nämlich jemand auftritt, der sie berichtigt und dich von ihr abbringen will.

  • Viele Weihrauchkörner fallen auf denselben Altar, die einen früher, die anderen später; aber dies macht keinen Unterschied.

  • Richte dich nicht so ein, als solltest du noch zehntausend Jahre leben. Dein Ende ist schon nahe! Vielmehr, solange du lebst, solange es in deiner Macht steht, sei gut!

  • Wieviel Muße gewinnt der, welcher nicht darauf, was sein Nächster zu reden oder zu tun oder zu denken pflegt, sondern nur auf das sieht, was er selbst tut, daß es gerecht oder auch fromm sei; »oder er soll nach Agatho dem schwarzen Laster nicht den Blick zukehren, vielmehr auf ei’gner Bahn gerad und unverrückt den Lauf vollziehn«.

  • Wer um den Nachruhm ängstlich buhlt, erwägt nicht, daß jeder von denen, die seiner gedenken, gar bald selbst auch sterben wird und so hinwiederum jegliches folgende Geschlecht, bis zuletzt das Andenken durch die ängstlichen Bewerber darum, die selbst erlöschen, fortgepflanzt, gleichfalls ganz und gar erlischt.

  • Laß daher bei Zeiten jenes aufblähende Geschenk fahren, welches ja nur von fremdem Gerede abhängt.

  • Alles Schöne, von welcher Art es auch sein mag, ist an und für sich schön und in sich selbst vollendet. Das Lob bildet keinen Bestandteil seines Wesens, und es wird mithin durch dasselbe weder schlechter noch besser.

  • Das wahrhaft Schöne freilich bedarf keiner Zugabe, ebensowenig als das Gesetz, ebensowenig als die Wahrheit, ebensowenig als das Wohlwollen oder die Bescheidenheit. Wie könnte so etwas durch Lob erst gut oder durch Tadel schlecht werden? Verlieren denn ein Smaragd oder Gold, Elfenbein, Purpur, ein Messer, ein Blümchen, ein Bäumchen etwas von ihrem Werte, wenn sie nicht gelobt werden?

  • Schweife nicht unstet umher, vielmehr sei bei jeglichem Streben das, was recht ist, dein Augenmerk, und bei jeglicher Vorstellung wahre das Begriffliche!

  • Beschränke deine Tätigkeit auf weniges, sagte einer, wenn du frohen Mutes sein willst!

  • Man muß aber nicht nur Handlungen, sondern auch Vorstellungen, wenn sie unnötig sind, vermeiden; denn alsdann werden diesen auch keine überflüssigen Handlungen nachfolgen.

  • Versuche es einmal, wie dir das Leben des guten Menschen von statten gehe, der mit dem vom Weltganzen ihm erteilten Schicksale zufrieden ist, aber auch an seiner eigenen rechtschaffenen Handlungsweise und seiner wohlwollenden Gesinnung sich genügen läßt.

  • Es widerfährt dir etwas? Gut! Es ist dir von Anfang an nach dem Lauf des Alls so bestimmt und jedes Begegnis durch Schicksalsfügung beschieden worden. Überhaupt aber: kurz ist das Leben; von der Gegenwart muß man durch wohlüberlegtes und rechtschaffenes Tun Gewinn ziehen. Auch in Erholungsstunden bleibe nüchtern!

  • Betrachte gleichfalls die anderen Abschnitte von Zeiten und ganzen Völkern und siehe, wieviele nach gewaltiger Anstrengung bald dahinsanken und in die Grundstoffe aufgelöst wurden!

  • Denn so wirst du keinen Unmut empfinden, wenn du dich nicht mehr, als sich’s gebührt, mit Kleinigkeiten beschäftigst.

  • Umwandlung entstehe, und gewöhne dich so an den Gedanken, daß die Allnatur nichts so sehr liebt, als das Vorhandene umzuwandeln und Neues von ähnlicher Art zu schaffen; denn alles Vorhandene ist gewissermaßen der Same dessen, was aus ihm werden soll.

  • Dein Übel hat seinen Grund nicht in der herrschenden Denkungsart eines Andern und gewiß auch nicht in der Veränderung und Umstimmung deiner körperlichen Hülle.

  • Ja, selbst wenn das mit ihm so eng verbundene Körperchen geschnitten, zersägt wird, vereitert, verfault, soll doch der Teil deines Wesens, welcher über das alles seine Meinungen hegt, ruhig bleiben, das heißt, er fälle das Urteil, daß das, was dem bösen und dem guten Manne gleicherweise zustoßen kann, weder ein Übel noch ein Gut sei.

  • Sei wie ein Fels, an dem sich beständig die Wellen brechen! Er bleibt stehen, und rings um ihn legen sich die angeschwollenen Gewässer!

  • Wenn du des Morgens so träge aufstehst, so laß dir den Gedanken zur Hand sein: »Ich erwache, um als Mensch zu wirken.« Was soll ich nun verdrießlich sein, wenn ich hingehe, zu tun, weshalb ich geboren und wozu ich in die Welt eingeführt worden bin? Oder bin ich dazu geschaffen worden, um auf meinem Lager liegend mich zu wärmen? »Aber das ist eben angenehmer.« Du bist also zur Lust geboren und gar nicht zur Tätigkeit?

  • Siehst du nicht, wie die Pflanzen, die Sperlinge, die Ameisen, die Spinnen, die Bienen ihr eigentümliches Geschäft verrichten und jedes in seiner Art die Welt zieren helfen? Und da willst du keine menschliche Tätigkeit üben und dem deiner Natur gemäßen Ziele nicht zustreben? »Aber man muß doch auch ausruhen?« Freilich muß man das. Indes hat auch hierin die Natur ein bestimmtes Maß gegeben, wie sie im Essen und Trinken ein solches gegeben hat.

  • Du liebst dich eben selbst nicht, sonst würdest du auch deine Natur und deinen Willen lieben. Da gibt es Menschen, die aus Liebe zu ihrer Kunst sich in Ausübung derselben miteinander verzehren und darob vergessen, sich zu waschen und zu speisen.

  • Wie leicht ist es, jede beunruhigende oder unziemliche Vorstellung von sich abzuwehren und zu unterdrücken und sogleich wieder in vollkommener Gemütsruhe zu sein!

  • Jene haben eben ihren eigenen Sinn und folgen ihrer eigenen Neigung. Danach schaue du dich nicht um, sondern gehe den geraden Weg und folge deiner und der gemeinschaftlichen Natur! Beide haben ja denselben Weg.

  • Zeige demnach das an dir, was ganz in deiner Macht steht, Lauterkeit, Ehrbarkeit, Geduld in Unlust, Erhabenheit über Lust, Zufriedenheit mit deinem Geschick, Genügsamkeit, Wohlwollen, Freimütigkeit, Einfachheit, Ernsthaftigkeit und Seelengröße

  • Zeige demnach das an dir, was ganz in deiner Macht steht, Lauterkeit, Ehrbarkeit, Geduld in Unlust, Erhabenheit über Lust, Zufriedenheit mit deinem Geschick, Genügsamkeit, Wohlwollen, Freimütigkeit, Einfachheit, Ernsthaftigkeit und Seelengröße!

  • Ein dritter weiß gewissermaßen nicht einmal, was er geleistet hat, sondern ist dem Weinstocke gleich, der Trauben trägt und nichts weiter will, nachdem er seine natürliche Frucht einmal getragen hat. Wie ein Pferd, das dahinrennt, ein Hund, der Wild aufspürt, und eine Biene, die ihren Honig bereitet: so der Mensch, wenn er Wohltaten erwiesen hat; er posaunt sie nicht aus, sondern geht zu anderen weiter, wie der Weinstock, um zu seiner Zeit wieder Trauben zu tragen.

  • Denke dir also dasjenige, was die gemeinschaftliche Natur für vollständige Erreichung des Zieles erklärt, als etwas deiner Gesundheit Ähnliches, und heiße alles, was geschieht, wenn es dir auch als noch so hart erscheint, willkommen, weil es zum Ziele hinführt, nämlich zur Gesundheit der Welt und zum gedeihlichen Wirken und zur Seligkeit des höchsten Gottes!

  • fürs erste nämlich, weil es dich traf und dir verordnet wurde und in Verkettung mit einer langen Reihe vorhergegangener Ursachen auf dich irgendwie Bezug hatte;

  • Werde nicht verdrießlich; laß deinen Eifer und Mut nicht sinken, wenn es dir nicht vollständig gelingt, alles nach richtigen Grundsätzen auszuführen; fange vielmehr, wenn dir auch etwas mißlungen ist, von neuem an, und sei zufrieden, wenn die Mehrzahl deiner Handlungen der Menschennatur gemäß ist, und behalte das lieb, worauf du zurückkommst!

  • »Erstens, es kann mir nichts begegnen, was nicht der Natur des Ganzen gemäß wäre, und dann, von mir selbst hängt es ab, meinem Gott und Genius nichts zuwider zu tun; denn niemand kann mich zwingen, diesen außer acht zu lassen.«

  • Ich bin aus zwei Bestandteilen, einer wirkenden Kraft und einem körperlichen Stoffe, zusammengesetzt

  • Ich bin aus zwei Bestandteilen, einer wirkenden Kraft und einem körperlichen Stoffe, zusammengesetzt.

  • Die Außendinge selbst berühren die Seele auf keinerlei Weise. Sie haben keinen Eingang zu ihr und können die Seele weder umstimmen noch irgendwie bewegen. Sie erteilt sich vielmehr selber allein Stimmung und Bewegung, und nach Maßgabe der Urteile, welche sie über ihren eigenen Wert fällt, gestaltet sie auch die ihr vorliegenden Dinge.

  • Denk’ oft daran, wie schnell alles, was ist und geschieht, fortgerissen und entführt wird!

  • Ist ja doch das Wesen der Dinge in einem stetigen Flusse, und sind ihre Wirkungen einem unaufhörlichen Wechsel und deren Ursachen unzähligen Veränderungen unterworfen. Fast nichts hat Bestand, und uns nahe liegt jener gähnende Abgrund der Vergangenheit und Zukunft, in dem alles verschwindet.

  • Der herrschende und gebietende Teil deines Wesens bleibe bei leisen oder heftigen Regungen in deinem Fleische unerschüttert.

  • Wie du am Ende deines Lebenslaufes zu leben gedenkst, so kannst du jetzt schon leben.

  • Die beste Art, sich an jemand zu rächen, ist die, es ihm nicht gleichzutun.

  • Wenn du eine Stiefmutter, aber zugleich auch eine leibliche Mutter hättest, so würdest du zwar jene ehren, aber doch bei deiner rechten Mutter beständig deine Zuflucht suchen.

  • Gleichwie man bei Fleischgerichten und anderen Eßwaren derart denken soll: »Das ist also der Leichnam eines Fisches, das der Leichnam eines Vogels oder eines Schweins!« und hinwiederum beim Falernerwein: »Er ist nichts, als der ausgedrückte Saft einer Traube!« oder beim Purpur: »Er ist nur Schafwolle in das Blut einer Schnecke getaucht!« und bei der geschlechtlichen Beiwohnung: »Sie ist eben die Reibung einer Blase und Ausscheidung von Schleim mit Zuckungen verbunden!«– solche Vorstellungen kommen nämlich den Gegenständen selbst ganz nahe und durchdringen ihr Wesen, sodaß man sieht, was eigentlich an ihnen sei–, ebenso nun muß man’s im ganzen Leben machen und wo einem Dinge in noch so vertrauenswerter Gestalt vorgespiegelt werden, sie entlarven, ihren Unwert sich anschaulich machen und die schimmernde Einkleidung, womit sie sich brüsten, ihnen benehmen

  • Gleichwie man bei Fleischgerichten und anderen Eßwaren derart denken soll: »Das ist also der Leichnam eines Fisches, das der Leichnam eines Vogels oder eines Schweins!« und hinwiederum beim Falernerwein: »Er ist nichts, als der ausgedrückte Saft einer Traube!« oder beim Purpur: »Er ist nur Schafwolle in das Blut einer Schnecke getaucht!« und bei der geschlechtlichen Beiwohnung: »Sie ist eben die Reibung einer Blase und Ausscheidung von Schleim mit Zuckungen verbunden!« – solche Vorstellungen kommen nämlich den Gegenständen selbst ganz nahe und durchdringen ihr Wesen, sodaß man sieht, was eigentlich an ihnen sei –, ebenso nun muß man’s im ganzen Leben machen und wo einem Dinge in noch so vertrauenswerter Gestalt vorgespiegelt werden, sie entlarven, ihren Unwert sich anschaulich machen und die schimmernde Einkleidung, womit sie sich brüsten, ihnen benehmen.

  • Denn der Schein ist ein furchtbarer Betrüger, und gerade wenn man glaubt, sich mit den allerbedeutendsten Dingen zu beschäftigen, bezaubert er am meisten.

  • Was ist denn nun achtungswert? Etwa das Beklatschtwerden? Keineswegs. Mithin auch nicht das Beklatschtwerden mit der Zunge. Denn die Lobeserhebungen von seiten des großen Haufens sind doch nichts anderes als ein Zungengeklatsch.

  • Denke nicht, wenn etwas dir schwer ankommt, daß es nicht menschenmöglich sei! Vielmehr, wenn etwas für einen Menschen möglich und angemessen ist, so glaube, es sei auch für dich erreichbar!

  • Übrigens kümmere dich nicht darum, wielange du noch so handeln darfst; denn selbst drei solcher Stunden sind hinreichend

  • Übrigens kümmere dich nicht darum, wielange du noch so handeln darfst; denn selbst drei solcher Stunden sind hinreichend.

  • Alexander von Makedonien und sein Maultiertreiber sind durch ihren Tod in den gleichen Zustand versetzt worden. Denn entweder wurden sie in dieselben Lebenskeime der Welt aufgenommen oder auf gleiche Weise unter die Atome zerstreut.

  • Bedenke, wieviel bei einem jeden von uns in einunddemselben Augenblicke vorgeht, Leibliches zugleich und Geistiges. Und so wirst du dich nicht wundern, daß noch viel mehr, ja daß alles, was zum Dasein kommt, in der einen Gesamtheit, die wir ja Welt nennen, zugleich sein Dasein habe.

  • Wie grausam ist es doch, den Menschen nicht zu gestatten, nach dem zu streben, was ihnen als angemessen und zuträglich erscheint!

  • Schändlich ist es, wenn deine Seele in einem Leben bälder ermüdet, in welchem der Leib noch nicht ermüdet ist.

  • zu, daß du nicht verkaisert werdest! Nimm einen solchen

  • Sieh zu, daß du nicht verkaisert werdest! Nimm einen solchen Anstrich nicht an, denn es geschieht so leicht. Erhalte dich also einfach, gut, lauter, ernsthaft, prunklos, gerechtigkeitsliebend, gottesfürchtig, wohlwollend, liebreich, standhaft in Erfüllung deiner Pflichten. Ringe danach, daß du der Mann bleibest, zu dem dich die Philosophie bilden wollte. Ehre die Götter; fördere das Heil der Menschen! Kurz ist das Leben, und es gibt nur eine Frucht des irdischen Daseins: eine unsträfliche Gesinnung und gemeinnützige Taten.

  • Sei in allem ein Schüler Antonins, so eifrig wie er im Gehorsam gegen die Gebote der Vernunft, so gleichmütig in allen Stücken, so unsträflich und so heiter in seinen Gebärden, so freundlich und frei von eitler Ruhmbegierde, so eifrig bemüht um die Erkenntnis der Dinge!

  • Mit wie wenigem war er zufrieden, zum Beispiel in Wohnung, Nachtlager, Kleidung, Nahrung, Dienerschaft!

  • Asien, Europa – Winkel der Welt; der ganze Ozean – ein Tropfen des Alls!

  • Der Ehrfürchtige findet sein Gut im Benehmen eines anderen gegen ihn, der Wollüstling in seiner eigenen Leidenschaft, der Vernünftige aber in seiner Tätigkeit.

  • Gewöhne dich an eine gründliche Achtsamkeit auf die Rede eines anderen und versetze dich so viel als möglich in die Seele des Redenden!

  • Was dem Schwarme nicht zuträglich ist, das ist auch der Biene nicht zuträglich.

  • Wie viele derer, mit denen ich die Welt betreten habe, sind bereits wieder daraus geschieden!

  • Wer sind die, denen man gefallen möchte, und um welcher Vorteile willen und durch welcherlei Mittel?

  • nun muß man freundlich und leidenschaftslos dastehen und erkennen, daß jeder Mensch denselben Wert habe wie die Gegenstände seiner Bemühungen.

  • Schäme dich nicht, dir helfen zu lassen! Denn dir ist, wie dem Krieger beim Sturmlaufen, nur vorgeschrieben, deine Pflicht zu tun. Wie nun, wenn du deines lahmen Fußes wegen nicht allein imstande bist, die Mauerzinne zu ersteigen, dies aber mit Hilfe eines anderen dir möglich wäre?

  • Möge jemand tun oder sagen was er will, mir gebührt es jedenfalls, rechtschaffen zu sein; wie wenn das Gold oder der Smaragd stets sagen würden: »Tue oder sage einer, was er will, ich muß Smaragd sein und meine Farbe behaupten.«

  • Wohlsein heißt einen guten Genius haben oder gut sein. Was machst du also hier, Einbildung? Geh, um der Götter willen, wie du gekommen bist, denn ich brauche dich nicht! Du bist gekommen nach deiner alten Gewohnheit. Ich zürne dir nicht; nur geh fort!

  • Der Außenwelt soll man mitnichten zürnen; sie kümmert sich um nichts.

  • Das Leben ernte, gleich der fruchtreichen Ähre! Die eine reift, die andere welkt schon hin.

  • Sieh dich nicht nach den leitenden Grundsätzen anderer um, sondern schaue vielmehr unverwandten Blickes auf das Ziel, worauf die Natur dich hinführt, sowohl die Allnatur durch deine Begegnisse, als deine eigene durch deine Obliegenheiten.

  • Die Kunst, zu leben, hat mit der Fechtkunst mehr Ähnlichkeit als mit der Tanzkunst, insofern man auch auf unvorhergesehene Streiche gerüstet sein und unerschütterlich feststehen muß.

  • Denke beständig daran, wer diejenigen sind, nach deren Billigung dich verlangt, und welche leitenden Grundsätze sie haben! Denn alsdann wirst du weder über ihre unvorsätzlichen Fehltritte zürnen, noch ihres Beifallszeugnisses bedürfen, wenn du auf die Quellen ihrer Meinungen und Triebe siehst.

  • Dessen sei stets eingedenk und erinnere dich zudem daran, daß zu einem glückseligen Leben nur sehr wenig erforderlich sei und, solltest du auch die Hoffnung aufgeben müssen, es in Dialektik und Naturkunde weit zu bringen, du deshalb doch nicht daran verzweifeln dürftest, ein freigesinnter, bescheidener, geselliger und gegen Gott gehorsamer Mensch zu werden.

  • Fürs erste laß dich nicht beunruhigen; alles geht ja doch so, wie es der Natur des Ganzen gemäß ist. Noch eine kurze Zeit – und du bist nirgends mehr, so wenig, als Hadrian und Augustus. Demnächst fasse deine Lebensaufgabe unverwandten Blickes ins Auge und erinnere dich daran, daß du ein guter Mensch sein sollst, und was die Natur des Menschen von dir fordere, das tue unverrückt, und rede auch nur, was dir als durchaus gerecht erscheint, auf eine wohlwollende, bescheidene und ungeheuchelte Weise.

  • Niemand höre mehr von dir eine Beschwerde über das Hofleben oder über dein eigenes Leben!

  • Was erscheint dir beim Baden? Öl, Schweiß, Schmutz, klebriges Wasser – lauter Ekel erregende Dinge. Von eben der Art ist jeder Teil des Lebens und alles, was darin vorkommt.

  • Gedenke also dessen, daß auch dein Körpergewebe sich auflösen, dein Lebensgeist erlöschen oder auswandern oder anderswohin sich versetzen lassen müsse!

  • Dem einen macht dies, dem anderen jenes Freude, die meinige finde ich im Besitz einer gesunden, mich beherrschenden Vernunft, die von keinem Menschen, noch von einem herrschenden menschlichen Begegnisse sich abwendet, sondern alles mit wohlwollendem Auge ansieht und aufnimmt und jegliches nach Maßgabe seines Wertes benutzt.

  • Fühlst du dich über einen Gegenstand der Außenwelt mißgestimmt, so ist es nicht jener, was dich beunruhigt, sondern vielmehr dein Urteil darüber; dieses aber sofort zu beseitigen, steht in deiner Macht.

  • Diese Gurke ist bitter. Nun, so wirf sie weg! Hier sind Dorngesträuche am Weg. Weiche ihnen aus! Dies ist genug.

  • Die Allnatur aber hat außerhalb ihres eigenen Kreises nichts. Vielmehr besteht das Wunderbare ihrer Kunstfertigkeit eben darin, daß sie in ihrer Selbstbegrenzung alles, was in ihr zu verderben, zu veralten und unbrauchbar zu werden droht, in ihr eigenes Wesen umwandelt und eben daraus wieder andere neue Gegenstände bildet. Sie bedarf zu dem Ende ebensowenig eines außer ihr befindlichen Stoffes, als sie eine Stätte nötig hat, um das Morsche dorthin zu werfen. Sie hat vielmehr an ihrem eigenen Raum, ihrem eigenen Stoff und an ihrer eigenen Kunstfertigkeit genug.

  • Suche dir selbst nur stündlich eine freie Gesinnung, verbunden mit Wohlwollen, Einfalt und Bescheidenheit, anzubilden.

  • Für meine Willensfreiheit ist die Willensfreiheit meines Nebenmenschen ebenso gleichgültig als sein ganzes geistiges und leibliches Wesen; denn sind wir auch in vorzüglichem Sinne für einander geboren, so haben doch die in uns herrschenden Kräfte je ihr eigenes Gebiet.

  • Wer sich vor dem Tode fürchtet, fürchtet sich entweder vor dem Aufhören jeglicher Empfindung, oder vor einem Wechsel des Empfindens. Allein wenn man gar nichts mehr fühlt, so wird man auch kein Übel mehr fühlen; erhalten wir aber eine andere Art des Fühlens, so werden wir auch zu anderen Wesen und hören mithin nicht auf, zu leben.

  • Die Menschen sind für einander geboren. Also belehre oder dulde sie!

  • Daher ist es die Sache eines denkenden Menschen, sich gegen den Tod weder hartnäckig, noch abstoßend und übermütig zu zeigen, sondern ihm als einer der Naturwirkungen entgegenzusehen.

  • Oft tut auch der unrecht, der nichts tut, nicht bloß der etwas tut.

  • Hat eine oder die andere deiner Handlungen keinen näheren oder entfernteren Bezug auf das Ziel des gemeinen Nutzens, so zerstückelt sie dein Leben und verhindert seine Einheit und ist von so aufrührerischer Art, wie ein Mensch, der in einer Volksversammlung für seinen Teil eine derartige Einstimmigkeit auseinanderhält.

  • Einem reißenden Strome gleicht die Urkraft des Weltganzen, sie führt alles dahin. Wie unbedeutend dagegen die Taten der Menschenkinder, womit sie als Staatsmänner oder gar als Philosophen aufzutreten wähnen!

  • Hoffe auch nicht auf einen platonischen Staat, sondern sei zufrieden, wenn es auch nur ein klein wenig vorwärts geht, und halte auch einen solchen kleinen Fortschritt nicht für unbedeutend.

  • Betrachte wie von einer Anhöhe aus die unzähligen Volkshaufen mit ihren unzähligen Religionsgebräuchen, die Seezüge nach allen Richtungen unter Stürmen und bei ruhiger See und die Verschiedenheiten zwischen den Dingen, die da werden, mit uns bestehen, dahinschwinden!

  • Ferner, wie viele nicht einmal deinen Namen kennen, wie viele ihn gar bald vergessen, wie viele, jetzt vielleicht deine Lobredner, nächstens deinen Tadel anstimmen werden, und wie weder der Nachruhm noch das Ansehen, noch sonst etwas von allem, was dazu gehört, der Rede wert ist.

  • Gemütsruhe den Dingen gegenüber, welche von äußeren Ursachen herkommen, Gerechtigkeit bei denen, welche von deiner eigenen Tatkraft bewirkt werden, das heißt, dein Streben und Tun finden ihr Ziel eben in gemeinnütziger Tätigkeit; denn das ist deiner Natur gemäß.

  • Viele unnötige Anlässe zu deiner Beunruhigung, welche ganz und gar auf deinem Wahn beruhen, kannst du aus dem Wege schaffen und dir selbst unverzüglich einen weiten Spielraum eröffnen; umfasse nur mit deinem Geiste das ganze Weltall, betrachte die ewige Dauer und dann wieder die rasche Verwandlung jedes einzelnen Gegenstandes: welch kurzer Zeitraum liegt zwischen seiner Entstehung und Auflösung; wie unermeßlich ist die Zeit vor seiner Entstehung, wie unendlich gleicherweise die nach seiner Auflösung!

  • Alles, was du siehst, wird sehr bald zerstört werden, und die, welche diesen Zerstörungen zuschauen, werden selbst auch sehr bald zerstört, und durch den Tod wird der älteste Greis mit dem Frühverstorbenen in denselben Zustand versetzt werden.

  • Mache es dir zum Gesetz, die herrschenden Grundsätze der Menschen, die Gegenstände ihrer Bemühungen und die Beweggründe ihrer Zuneigung und Wertschätzung, mit einem Wort: ihre Seelen, ohne Hüllen zu ersehen. Wenn sie glauben, durch ihren Tadel zu schaden oder durch ihre Lobpreisungen zu nützen, welch ein Wahn!

  • Entweder vermögen die Götter nichts, oder sie vermögen etwas. Wenn sie nun nichts vermögen, warum betest du? Vermögen sie aber etwas, warum flehst du sie nicht, statt um Abwendung dieses oder jenes Übels, oder um Verleihung dieses oder jenes Gutes, vielmehr um die Gabe an, nichts von all dem zu fürchten oder zu begehren oder darüber zu trauern? Denn wenn sie überhaupt den Menschen zu helfen vermögen, so können sie ihnen auch dazu verhelfen. Aber vielleicht entgegnest du: »Das haben die Götter in meine Macht gestellt.« Nun, ist es da nicht besser, das, was in deiner Macht steht, mit Freiheit zu gebrauchen, als zu dem, was nicht in deiner Macht steht, mit sklavischer Erniedrigung dich hinreißen zu lassen? Wer hat dir denn aber gesagt, daß die Götter uns in dem, was von uns abhängt, nicht beistehen? Fange doch nur einmal an, um solche Dinge zu beten, und du wirst sehen! Der fleht: »Wie komme ich doch zu dem Genusse jener Geliebten?« Du: »Wie entreiße ich mich dem Verlangen danach?« Der: »Wie fange ich’s an, um von jenem Übel frei zu werden?« Du: »Wie fange ich’s an, um der Befreiung davon nicht zu bedürfen?« Ein anderer: »Was ist zu tun, daß ich mein Söhnchen nicht verliere?« Du: »Was ist zu tun, daß ich seinen Verlust nicht fürchte?« Mit einem Worte: Gib allen deinen Gebeten eine solche Richtung, und du wirst sehen, was geschieht!

  • So oft du an der Unverschämtheit von jemand Anstoß nimmst, frage dich alsobald: »Ist es auch möglich, daß es in der Welt keine unverschämten Leute gebe?« Nicht möglich. Verlange also nicht das Unmögliche! Ist ja auch jener eben einer von den Unverschämten, die es in der Welt geben muß. Dieselbe Frage sei dir zur Hand hinsichtlich der Schlauköpfe, der Treulosen und jedes Fehlenden. Denn sobald du dich daran erinnerst, daß das Dasein von Leuten dieses Gelichters nun einmal nicht zu verhindern sei, wirst du auch gegen jeden einzelnen derselben milder gesinnt werden.

  • Fehler

  • Denke jedoch daran, daß du von Natur die Kraft habest, alles zu ertragen, was dir erträglich und leidlich zu machen von deinem eigenen Urteil abhängt, vermöge der Vorstellung, daß es dir fromme oder gebühre, also zu handeln.

  • Eine kleine Spinne ist stolz darauf, wenn sie eine Fliege erjagt hat, jener, wenn er ein Häschen, dieser, wenn er in seinem Netz eine Sardelle, ein anderer, wenn er Schweinchen oder Bären, und noch ein anderer, wenn er Sarmaten fängt. Sind denn aber diese, wenn man dabei die Triebfeder untersucht, nicht insgesamt Räuber?

  • Laß für alle Zukunft davon ab, über die notwendigen Eigenschaften eines guten Mannes dich zu besprechen – vielmehr sei ein solcher!

  • Denke stets daran, daß alles, wie es jetzt ist, auch ehemals war, und dann denke auch daran, daß es einst ebenso sein werde.

  • Bei der Betrachtung jedes einzelnen Gegenstandes, womit du zu tun hast, frage dich selbst: »Ist der Tod etwas Schreckliches, weil er dich desselben beraubt?«

  • Ein gesundes Auge muß alles Sichtbare sehen, ohne etwa zu sagen: »Ich will nur Grünes«; denn dies ist das Kennzeichen eines Augenkranken. So müssen auch Gehör und Geruch in ihrem gesunden Zustande für alles Hörbare und Riechbare empfänglich sein. Ein gesunder Magen muß sich zu allen Nahrungsmitteln gleicher Weise verhalten, wie auch eine Mühle zu allem, zu dessen Zermalmung sie eingerichtet ist. Ebenso muß demnach ein gesunder Verstand auf alle Begegnisse gefaßt sein. Sagt er aber etwa: »Möchten doch meine Kindlein am Leben bleiben; möchten doch alle jede meiner Handlungen loben!« so ist der dem Auge gleich, welches das Grüne, oder den Zähnen, welche das Mürbe fordern.

  • Die Reize eines Gesangs oder eines Balletts und Gesamtkampfes wirst du nicht gering achten, sobald du aber zum Beispiel das harmonische Ganze des ersteren in seine einzelnen Töne zerlegst und bei jedem an dich selbst die Frage richtest: ob du dich wohl von diesem hinreißen ließest, so wirst du darüber erröten. Ebenso wenn du hinsichtlich jeder Bewegung oder Haltung des Balletts und ebenso beim Gesamtkampf ein gleiches tust. Überhaupt nun – die Tugend und das von ihr Stammende ausgenommen – denke daran, alle Dinge nach ihren Bestandteilen durchzugehen, und du wirst bei ihrer Zergliederung zu ihrer Geringschätzung gelangen. Davon mache auch auf dein ganzes Leben die Anwendung!

  • Wie einleuchtend muß es dir doch vorkommen, daß keine andere Lebenslage für das Philosophieren so geeignet sei als diejenige, in der du jetzt gerade dich befindest?

  • Weder im Schreiben noch im Lesen wirst du Vorschriften erteilen können, bevor du in ihrer Befolgung vorangegangen bist. Im Leben noch viel weniger!

  • Wahnsinnig ist, wer zur Winterszeit eine Feige sucht. Ebenso der, welcher sich nach einem Kinde sehnt, wann ein solches ihm nicht mehr vergönnt wird.

  • Drei Teile sind es, woraus du bestehst, Körper, Lebensgeist, Denkvermögen. Von diesen sind die übrigen nur insoweit dein, als du für sie zu sorgen hast; der dritte ist aber in vorzüglichem Sinne dein Eigentum. Hältst du also von deinem Ich, das heißt von deiner Denkkraft, den Gedanken an alles fern, was andere tun oder reden oder was du selbst getan oder gesagt hast, alles, was dich schon im voraus beunruhigt, alles, was den dir anliegenden Leib oder den ihm eingepflanzten Lebensgeist angeht und mithin deiner freien Wahl entzogen ist, endlich alles, was der Wirbel der dich umgebenden Außenwelt dir zuwälzt, sodaß die Denkkraft in dir dem Einflusse der Verkettungen des Schicksals entzogen, rein und ungebunden sich selbst lebt, tut, was recht ist, will, was geschieht, und redet, was der Wahrheit entspricht, – scheidest du, wie gesagt, von dieser herrschenden Vernunft alles, was durch leidenschaftliche Neigungen angehängt ward und der Zukunft oder der Vergangenheit angehört, bildest aus dir ein Wesen gleich der Welt, von der Empedokles sagt: Eine gerundete Kugel des Wirbelns im Kreise sich freuend, bist du darauf bedacht, nur die Zeit, welche du lebst, das heißt die Gegenwart, ganz zu durchleben, so wird es dir möglich sein, den Rest deiner Tage bis zum Tode ungestört, edel und dem Genius in dir hold hinzubringen.

  • Oft wundere ich mich darüber, wie derselbe Mensch, der sich mehr liebt als alle anderen, dennoch seinem eigenen Urteile über sich geringeren Wert beilegt, als dem Urteile anderer.

  • Denke an die Beschaffenheit des Leibes und der Seele, worin du dich vom Tode mußt ergreifen lassen, sowie an die Kürze des Lebens, an den unermeßlichen Zeitraum hinter dir und vor dir, an die Gebrechlichkeit alles Stoffes.

  • Bei Anwendung deiner Grundsätze mußt du dem Ringer, nicht dem Zweikämpfer ähnlich sein. Dieser nämlich wird niedergestochen, sobald ihm sein Schwert abhanden kommt, jenem aber steht seine Faust immer zu Gebote, und er bedarf weiter nichts, als sie zu ballen.

  • Sieh zu, von welcher Beschaffenheit die Dinge in der Welt seien, und unterscheide an ihnen Stoffe, wirkende Kraft, Zweck.

  • Was für ein lächerlicher Fremdling in der Welt ist der, welcher über irgendein Ereignis in seinem Leben erstaunt!

  • Fürs erste: Handle nicht ohne Ursache, nicht ohne Zweck! Zum andern: Richte deine Endabsicht auf nichts anderes, als auf das Ziel des gemeinen Nutzens!

  • Noch eine kleine Weile – und dann wirst du selbst nirgends mehr sein, noch etwas von den Dingen, die du jetzt siehst, noch von den Menschen, die jetzt leben. Denn alles ist von Natur zur Umwandlung, zur Veränderung und zum Untergang bestimmt, damit anderes in seine Reihe einrücke.

  • Schaffe nur deine Vorstellungen von dir, und du bist gerettet! Wer hindert dich denn, sie von dir zu schaffen?

  • Rufe dir immerfort diejenigen wieder ins Andenken zurück, die sich über irgend etwas gar zu sehr betrübt oder die durch die größten Ehrenstellen, durch Unglücksfalle, Feindschaften oder durch andere Glücksumstände großes Aufsehen erregt haben. Dann lege deinem Nachdenken die Frage vor: »Wo ist jetzt das alles?« Rauch ist’s und Asche, eine Märe oder auch nicht einmal eine Märe. Daneben laß dir auch so vieles andere der Art einfallen, zum Beispiel was Fabius Catullinus auf seinem Landgut, Lusius Lupus in seinen Gärten, Stertinius in Bajä, Tiberius auf Capreä, Rufus in Belia getrieben haben und überhaupt jedes auf Meinungen beruhende Interesse für irgend etwas. Bedenke, wie geringfügig jeder Gegenstand ihrer Bestrebungen gewesen sei und wieviel philosophischer es wäre, sich bei jeder dargebotenen Gelegenheit als gerecht, besonnen, den Göttern folgsam, ohne Gleißnerei zu zeigen. Denn der Hochmut, der sich mit Demut brüstet, ist der allerunerträglichste.

  • Knüpfst du dergestalt Gutes an Gutes, ohne den mindesten Zwischenraum zu lassen, was anderes ist dann die Folge hiervon, als froher Lebensgenuß?

  • Welch kleines Teilchen der unendlichen und unermeßlichen Zeit ist jedem von uns zugemessen!

  • Wie klein ist endlich das Erdklümpchen, auf dem du umherschleichst! Dies alles bedenke und halte dann nichts für groß, als das: zu tun, wie deine Natur dich leitet, und zu leiden, wie die Allnatur es mit sich bringt.

  • Welchen Gebrauch macht die herrschende Vernunft von sich selbst? Hierauf kommt ja alles an. Das übrige aber, mag es von deiner Willkür abhängen oder nicht, ist nur Totenstaub und Dunst.

  • Was ist nun Furchtbares daran, wenn dich nicht ein Gewaltherrscher, noch ein ungerechter Richter wieder aus diesem Staate entläßt, sondern die Natur, welche dich in denselben eingeführt hat, so wie den Schauspieler der Prätor, welcher ihn angenommen hatte, auch wieder von der Bühne entläßt.

  • Sind doch im Leben auch die drei schon ein vollständiges Stück. Bestimmt ja den Schluß nur der, welcher einst der Urheber von deiner Zusammensetzung war und es jetzt von deiner Auflösung ist; du aber bist unschuldig an beidem. Scheide denn freundlich von hinnen; denn auch, der dich entläßt, ist freundlich!

  • Bereits im Alter von zwölf Jahren fasste Marc den Entschluss, seine Lebensführung in Einklang mit den Forderungen der stoischen Lehre zu bringen. Schon früh erregte er durch seine ernste und wahrheitsliebende Art die Aufmerksamkeit Hadrians, der den scherzhaft als »Verissimus« Bezeichneten in seine Nachfolgepläne einbezog und durch eine konsequente Förderung seiner öffentlichen Laufbahn dafür die Weichen stellte.

  • In Athen errichtete er besoldete Lehrstühle für die vier klassischen Philosophenschulen (Peripatetiker, Akademiker, Stoiker und Epikuräer). Seine ursprünglich nicht zur Veröffentlichung bestimmten Aufzeichnungen, die später unter dem Titel Wege zu sich selbst zusammengefasst wurden und mit denen er als letzter großer Vertreter der stoischen Philosophie in die Geschichte einging, verbinden persönliche Erinnerungen mit einer denkend und handelnd erworbenen Lebensweisheit.

  • »Am Morgen sich vorsagen: zusammentreffen werde ich mit einem taktlosen, […], arglistigen, […] neidischen, unverträglichen Menschen. Alle diese Eigenschaften ergeben sich für sie aus der Unkenntnis dessen, was gut und schlecht ist. Insofern ich meinerseits die Natur des Guten erfaßt habe […], kann ich weder von einem dieser Menschen geschädigt werden […], noch kann ich [ihm] zürnen oder mich mit ihm verfeinden.«

  • Das dritte Buch handelt von der Nähe des Todes, der Notwendigkeit, besonnen zu sein, der Selbstgenügsamkeit, der Geistesklarheit, dem vernünftigen, wissenden Leben; dass der Autor sich im halbbarbarischen Kriegsquartier befindet, verrät auch hier nur der Untertitel.

  • Hier tritt deutlich hervor, dass das, was man für Verdüsterung und Pessimismus halten könnte, in Wahrheit nichts anderes ist als Illusionslosigkeit, Selbstbescheidung, nüchterne Wahrhaftigkeit: eine Aufrichtigkeit vor allem sich selbst gegenüber, die diesen Kaiser immer wieder als Ideal eines Fürsten erscheinen ließ, dem nachzueifern Herrscher wie Iulianos, Iustinian oder Friedrich II. von Preußen (der Große) sich bemühten.